stimme
Sechs Wochen Ferien
Was ist zur Volksinitiative «6Wochen Ferien für alle» anlässlich der eidgenössischen Abstimmung vom 11. März 2012 sozialethisch zu sagen?
Von Thomas Wallimann-Sasaki
2009 reichte TravailSuisse eine Initiative ein, die 6 Wochen Ferien für alle fordert. Für den Gewerkschaftsdachverband ist es ungerecht und ungenügend, dass trotz steigender Anforderungen und Belastungen in der Arbeitswelt der Ferienanspruch seit 25 Jahren unverändert bei4Wochen liegt. Aus der Erfahrung der Gewerkschaftsarbeit und auf Grund eigener Umfragen sind lediglich 10 Prozent der Erwerbstätigen der Meinung, 4 Wochen Ferien seien angemessen. Viele Branchen und Berufe haben inzwischen mehr Ferien vereinbart. Der durchschnittliche Ferienanspruch beträgt in der Schweiz heute5Wochen. Gleichwohl sind Belastung und Druck in der Arbeitswelt gestiegen. Immer mehr Menschen fehlt Erholungszeit; sie werden (schneller) krank, was wiederum zu höheren Kosten für Arbeitgebende und die Allgemeinheit führt. Grüne, SP und Gewerkschaften unterstützen diese Initiative, während Bundesrat, Parlament, alle andern Parteien sowie viele Arbeitgeberverbände sich dagegen aussprechen. Für sie ist die aktuelle Regelung ausreichend und lässt den Sozialpartnern Freiheiten, auf den Markt zu reagieren. Denn mehr Ferien bieten keine Gewähr für weniger Druck und erhöhten, da mehr Personal eingestellt werden müsste, die jetzt schon hohen Lohnkosten in der Schweiz. Insbesondere die KMUs müssten darunter leiden, und die Sozialpartnerschaft könnte gefährdet sein. Dadurch sei letztlich die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz im internationalen Umfeld geschwächt und der Wohlstand im Land gefährdet.
Auf der Sachebene ist unbestritten, dass die Belastungen und der Druck am Arbeitsplatz für die allermeisten Menschen in den letzten Jahren stark angewachsen sind. Dies hat nicht nur zu höheren Erträgen geführt, sondern gleichzeitig auch viele Menschen gesundheitlich gefährdet und viele krank gemacht. Da die Gesundheitskosten nur indirekt auf die Unternehmen zurückfallen, ist es schwierig, hier die Zusammenhänge auch finanziell sichtbar zu machen. Vor diesem Hintergrund ist es aus einer gesamtwirtschaftlichen Schau nicht immer so eindeutig, ob grösserer Druck die Menschen und die Unternehmen wirklich produktiver macht. Auf der Wertebene muss in Erinnerung gerufen werden, dass aus sozialethisch-christlicher Sicht die Arbeit und die Wirtschaft für den Menschen da sein müssen und nicht umgekehrt. Denn in der Arbeit verwirklicht der Mensch sich selber und findet Sinn – dazu gehört ganz im Sinne des Sabbatgebots auch genügend Ruhezeit. Auch gilt es gemäss Solidaritätsprinzip darum besonders jene zu stützen, die benachteiligt sind und übermässig Lasten tragen müssen. Die Katholische Soziallehre weist aber auch darauf hin, dass Unternehmen nicht gefährdet werden sollen, so dass schliesslich die Arbeitenden ebenso Leidtragende sind: Die Sorge um Arbeitsplätze geht nicht nur Arbeitgebende, sondern alle an. Gleichwohl scheint in vielen Arbeitsbereichen Wachstum alles zu legitimieren – ausser wenn es um das Wohl der Arbeitenden geht.
Ziel und Zweck der Wirtschaft ist das Wohl aller! Heute gehen in der Arbeitswelt zu oft Gewinne an Arbeitgebende, die gesundheitlichen Kosten aber zur Allgemeinheit. Dass viele an ihrem Arbeitsplatz unter Druck leiden, zeigt, dass wir auch aus ethischer Sicht keine befriedigende Situation haben. Mehr Ferien nimmt Wirtschaftsverantwortliche wie Unternehmende in die Pflicht, kreativ und zusammen mit Angestellten die Arbeit zu gestalten. Wer diese Stossrichtung durch die Initiative bestätigt sieht, wird Ja stimmen. Wer fürchtet, dass mehr Ferien einfach noch mehr Druck auf die verbleibenden Arbeitenden ausüben und die Stärken des Arbeitsplatzes Schweiz bedrohen, wird Nein stimmen. Wer sich den Verpflichtungen einer christlichen Sozialethik verbunden fühlt, muss sich aber konkret für menschenfreundliche(re) Arbeitsplätze einsetzen.
Sechs Wochen Ferien
Was ist zur Volksinitiative «6Wochen Ferien für alle» anlässlich der eidgenössischen Abstimmung vom 11. März 2012 sozialethisch zu sagen?
Von Thomas Wallimann-Sasaki
2009 reichte TravailSuisse eine Initiative ein, die 6 Wochen Ferien für alle fordert. Für den Gewerkschaftsdachverband ist es ungerecht und ungenügend, dass trotz steigender Anforderungen und Belastungen in der Arbeitswelt der Ferienanspruch seit 25 Jahren unverändert bei4Wochen liegt. Aus der Erfahrung der Gewerkschaftsarbeit und auf Grund eigener Umfragen sind lediglich 10 Prozent der Erwerbstätigen der Meinung, 4 Wochen Ferien seien angemessen. Viele Branchen und Berufe haben inzwischen mehr Ferien vereinbart. Der durchschnittliche Ferienanspruch beträgt in der Schweiz heute5Wochen. Gleichwohl sind Belastung und Druck in der Arbeitswelt gestiegen. Immer mehr Menschen fehlt Erholungszeit; sie werden (schneller) krank, was wiederum zu höheren Kosten für Arbeitgebende und die Allgemeinheit führt. Grüne, SP und Gewerkschaften unterstützen diese Initiative, während Bundesrat, Parlament, alle andern Parteien sowie viele Arbeitgeberverbände sich dagegen aussprechen. Für sie ist die aktuelle Regelung ausreichend und lässt den Sozialpartnern Freiheiten, auf den Markt zu reagieren. Denn mehr Ferien bieten keine Gewähr für weniger Druck und erhöhten, da mehr Personal eingestellt werden müsste, die jetzt schon hohen Lohnkosten in der Schweiz. Insbesondere die KMUs müssten darunter leiden, und die Sozialpartnerschaft könnte gefährdet sein. Dadurch sei letztlich die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz im internationalen Umfeld geschwächt und der Wohlstand im Land gefährdet.
Auf der Sachebene ist unbestritten, dass die Belastungen und der Druck am Arbeitsplatz für die allermeisten Menschen in den letzten Jahren stark angewachsen sind. Dies hat nicht nur zu höheren Erträgen geführt, sondern gleichzeitig auch viele Menschen gesundheitlich gefährdet und viele krank gemacht. Da die Gesundheitskosten nur indirekt auf die Unternehmen zurückfallen, ist es schwierig, hier die Zusammenhänge auch finanziell sichtbar zu machen. Vor diesem Hintergrund ist es aus einer gesamtwirtschaftlichen Schau nicht immer so eindeutig, ob grösserer Druck die Menschen und die Unternehmen wirklich produktiver macht. Auf der Wertebene muss in Erinnerung gerufen werden, dass aus sozialethisch-christlicher Sicht die Arbeit und die Wirtschaft für den Menschen da sein müssen und nicht umgekehrt. Denn in der Arbeit verwirklicht der Mensch sich selber und findet Sinn – dazu gehört ganz im Sinne des Sabbatgebots auch genügend Ruhezeit. Auch gilt es gemäss Solidaritätsprinzip darum besonders jene zu stützen, die benachteiligt sind und übermässig Lasten tragen müssen. Die Katholische Soziallehre weist aber auch darauf hin, dass Unternehmen nicht gefährdet werden sollen, so dass schliesslich die Arbeitenden ebenso Leidtragende sind: Die Sorge um Arbeitsplätze geht nicht nur Arbeitgebende, sondern alle an. Gleichwohl scheint in vielen Arbeitsbereichen Wachstum alles zu legitimieren – ausser wenn es um das Wohl der Arbeitenden geht.
Ziel und Zweck der Wirtschaft ist das Wohl aller! Heute gehen in der Arbeitswelt zu oft Gewinne an Arbeitgebende, die gesundheitlichen Kosten aber zur Allgemeinheit. Dass viele an ihrem Arbeitsplatz unter Druck leiden, zeigt, dass wir auch aus ethischer Sicht keine befriedigende Situation haben. Mehr Ferien nimmt Wirtschaftsverantwortliche wie Unternehmende in die Pflicht, kreativ und zusammen mit Angestellten die Arbeit zu gestalten. Wer diese Stossrichtung durch die Initiative bestätigt sieht, wird Ja stimmen. Wer fürchtet, dass mehr Ferien einfach noch mehr Druck auf die verbleibenden Arbeitenden ausüben und die Stärken des Arbeitsplatzes Schweiz bedrohen, wird Nein stimmen. Wer sich den Verpflichtungen einer christlichen Sozialethik verbunden fühlt, muss sich aber konkret für menschenfreundliche(re) Arbeitsplätze einsetzen.